VSnet: Die Anfänge

Jacques Cordonier, damals Leiter der Kantonsbibliothek und später Chef der Dienststelle für Kultur, erinnert sich an den Beitritt seiner Institution in das RERO, dank Internet und VSnet. Als erster Präsident des Vereins hat er die kooperative und vereinende Entwicklung des Netzes mitgetragen. 

Welche Erinnerung haben Sie an die Lancierung von VSnet?

Der Anschluss an das Internet war damals eine Notwendigkeit für die wissenschaftlichen und kulturellen Institutionen, für das Projekt «Wallis- Universitäten» (siehe Bericht von Bernard Comby, S. 4), für die Ansiedlung des Idiap in Martinach usw. Ich war für die kantonale Bibliothek zuständig (Anm. d. Red.: die Dienststelle für Kultur gab es noch nicht) und es war eine unerlässliche Voraussetzung für unsere Integration in den Westschweizer Bibliotheksverbund (RERO). Die Kompetenzen für diese Technologie waren jedoch an der Ingenieurschule angesiedelt, damals unter der Leitung von Eric Fumeaux. Wir haben uns deshalb an Dominique Gabioud gewendet, der den Verein leiten sollte und ich habe die Präsidentschaft übernommen. Im Übrigen waren wir uns bereits bewusst, dass dieses Abenteuer nicht nur darin bestand, «Kabel zu verlegen». Damals schossen im Wallis zahlreiche Institute und Hochschulen aus dem Boden - eher als Inselgruppe denn als Kontinent - und zwar in beiden Sprachregionen. Der Verein VSnet wurde auch deshalb gegründet, um eine Form von Zusammenarbeit, einen Austausch von guten Praktiken und Ressourcen einzurichten.

Gleicht das wissenschaftliche Wallis immer noch einer Inselgruppe?

Seither sind ganze Kontinente entstanden, wie die HESSO und die EPFL, tektonische Platten haben sich gebildet, manche Inselchen tauchen auf, andere verschwinden, aber die Kontinente sind intelligent genug, nicht imperialistisch aufzutreten. VSnet ist somit ein hervorragendes Mittel, um das Ganze zu verbinden.

Was bot VSnet zusätzlich zu einer «simplen» Verbindung? 

Die Bibliothek eröffnete damals den Mitgliedsinstitutionen Zugang zu wissenschaftlichen und technischen Datenbanken sowie Hilfsmitteln, mit denen sich die Bibliotheken über das Internet präsentieren konnten. Später keimte der Wunsch, ein Informationsnetz zwischen den Walliser Institutionen und darüber hinaus zu schaffen. Diese Idee führte Ende 2017 zu Wissenschaft Wallis, dem «kleinen Bruder» von Kultur Wallis, einer Plattform zur Förderung der wissenschaftlichen Landschaft des Wallis. 

Der kleine Bruder von Kultur Wallis? 

Ja, die Plattform Wissenschaft Wallis konnte zahlreiche Instrumente nutzen, die für die Kultur entwickelt wurden. Die beiden Projekte sind jedoch sehr unterschiedlich. Kultur spielt sich zu einem grossen Teil noch in einer bestimmten Region ab. Wissenschaft hingegen entfaltet sich auf internationaler Ebene: Forschende aus Siders arbeiten mit Kolleginnen und Kollegen aus Newcastle an Projekten, die teilweise von Brüssel finanziert und anschliessend in Neuseeland getestet werden! Dies alles zusammenzuschliessen ist nicht einfach. Ich glaube aber, dass wir gegenüber der Bevölkerung eine wichtige Aufgabe der Sensibilisierung für die wissenschaftliche Tätigkeit unseres Kantons haben.

Warum haben Sie für VSnet das Vereinsmodell gewählt? 

Wir haben uns vor allem dafür entschieden, kein Arbeitgeber, sondern ein Sammelbecken für Kompetenzen zu sein. Wir waren überzeugt, dass sich dieser Sektor sehr rasch entwickeln würde; dadurch konnten wir in Bewegung bleiben.

Was hat das Internet für die Bibliotheken und Mediatheken verändert?

Früher waren die Werke auf Karteikarten aus Papier erfasst, die in Schubladen abgelegt waren, und jede Bibliothek hatte ihr eigenes System… Diese Einrichtungen haben somit schnell verstanden, dass das Internet für sie nützlich sein konnte, um die Arbeit der Katalogisierung aufzuteilen und ihre Daten zusammenzulegen. RERO, der Westschweizer Bibliotheksverbund, gab es seit 1985. Heute umfasst sein Katalog 5,3 Millionen Einträge, über die mehr als 100 Millionen Dokumente lokalisiert werden können. Ich pflegte damals bei der Eröffnung einer Bibliothek gerne zu sagen: «Wenn Sie in eine Bibliothek eintreten, treten Sie in alle Bibliotheken dieser Welt ein». Im Grunde hat das Internet den Traum jedes Bibliothekars wahr gemacht, eine Metabibliothek zu haben, in der alle Werke der Welt erfasst sind!

-----

Diese Artikelserie wird anlässlich des 25-jährigen Bestehens des VSnet-Vereins veröffentlicht. Alle Interviews finden Sie in ihrer Jubiläumsbroschüre:

Zurück
Ein Angebot von
Mit Unterstützung von